Es ist Montag Morgen 06:30. Dicke Wolken
liegen über dem erwachenden Flughafen der schottischen Metropole Glasgow.
Auf der Abflugstafel finden sich Destinationen, die man sonst in anderen
Teilen Europas nicht findet: Stornoway, Islay oder Benbecula. Letzteres
ist heute mein erster Zielort. Benbecula ist eine kleine Insel auf den
Äußeren Hebriden, den nordwestlichsten Eilanden der Britischen Inseln. Sie
ist Luftlinie 820 Kilometer von London und 254 Kilometer von Glasgow
entfernt. Sie wird eingerahmt von den beiden größeren Hebriden Inseln Nord
- und Süd – Uist. Um 07:00 Uhr ist es Zeit zum einsteigen. Vom Gate 1 des
60er Jahre Terminals in Glasgow boarden ca. 25 Passagiere den Flug British
Airways 8807 operated by Loganair. Somit ist die Saab 340B G-LGNA der
schottischen Regionalfluggesellschaft sehr gut ausgelastet. Nach wenigen
Minuten ist auch das Boarding completed, das Flugzeug zurück geschoben und
die General Electric Turboproptriebwerke erwachen zum Leben. 5 Minuten
später sind wir bereits von der Startbahn 05 des Flughafens Glasgow
gestartet und durchfliegen die dichten schottischen Wolken mit Kurs
Nordwest. Noch ist Loganair Franchisenehmer von British Airways. Im
Inneren der Kabine ist alles wie beim britischen Flagcarrier aus London,
die Sitze, die Safeties und auch das Catering. Selbst die Stewardess
serviert in der edlen Uniform des Speedbirds. Ab Winterflugplan läuft das
Franchiseabkommen aus und flyBE wird der neue Partner von Loganair. Erste
Saab Maschinen sind bereits in einer Grundbemalung des britischen Low Cost
Carriers unterwegs.
Nach 30 Minuten sind erste Wolkenlücken zu erkennen. Man befindet sich
soeben über der Isle of Skye. Erst über der Seestraße „Kleiner Minch“
reißen die Wolken mehr und mehr auf und geben den Blick frei. Nach ca
einer Stunde lande ich auf der Runway 06 des Inselflughafen von Benbecula.
Schon im Anflug ist mir die spärliche Vegetation und Besiedelung
aufgefallen. Wenige Minuten vor uns ist eine Shorts 360 der Streamline
angekommen, aus der gerade Post, Zeitungen und andere Frachtstücke
ausgeladen werden. Sie wird bis am Abend in Benbecula bleiben. Schnell
haben die Passagiere das Flugzeug verlassen und bevölkern das kleine
Terminal des Flughafens. Die Kofferausgabe ist auch sehr schnell erledigt.
Statt eines Förderbandes gibt es hier eine abschüssige Rampe auf der die
Koffer herunterrollen. Ich muss auf keinen Koffer warten, denn ich bin ja
nur auf TagesausFLUG unterwegs. Aber das eigentliche Ziel des AusFLUGs ist
die Insel Barra.
Für den Flug von Benbecula nach Barra
konnte mir in Glasgow noch keine Bordkarte ausgestellt werden und so gehe
ich zum Check-In in Benbecula. Nachdem ich binnen weniger Minuten die
Einsteigekarte für den Weiterflug in Händen halte, erkundige ich mich noch
nach etwaigen Sehenswürdigkeiten, die ich während meiner Wartezeit von ca.
2,5 Stunden anschauen könnte. Da dachte die Dame erst einmal lange nach.
Sie meinte, dass es doch hier eigentlich nichts zum Ansehen gäbe, aber
wenige Minuten zu Fuß vom Flughafen ist das Hauptdorf der Insel. Dort gibt
es vielleicht was zu sehen. Also machte ich mich auf um das Dorf zu
erkunden. Neben einer Schule, einem Postamt und einem Supermarkt gibt es
hier wirklich nicht viel. Aber dennoch durchwanderte ich das Dorf und
bekam einen guten Einblick in das raue Leben auf den Inseln. Nur selten
sind die Äußeren Hebriden mit so einem schönen Wetter gesegnet, wie ich es
habe. Ein stationäre Bankfiliale gibt es auch nicht, sondern einen
umgebauten Minivan der durch die Straßen fährt und bei Bedarf anhält. Bei
meinem Rückweg zum Flughafen landete dann eine Jetstream 31 der Highland
Airways aus Stornoway.
Eine Stunde später landet dann mein
Anschlussflug, die Dash 6-300 G-BVVK der Loganair aus Barra. Kurz nach der
Landung werden die Passagiere zur Sicherheitskontrolle gebeten. Das
Boarding verzögert sich etwas, da die Jetstream nun auch wieder fertig ist
(man wartete auf Anschlusspassagiere aus Barra) und wegrollt. Aber die
kurze Verzögerung stört hier keinen, da auf den Inseln die Uhren sowieso
anderes laufen. Inklusive mir machen sich vier Passagiere auf, die Twin
Otter zu besteigen, um zur 52km südlich gelegenen Insel Barra zu starten.
An Bord befindet sich keine Stewardess und somit muss die Copilotin die
Sicherheitsanweisungen geben.
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Saab 340
der Loganair verkehren zwischen
Glasgow und Benbecula
Flug über
dicke schottische Wolken
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Das Terminal von Benbecula. Man achte
auf die unkonventionelle Art der Zeitungs-
sortierung vorm Terminal |
Das Innere des Terminals in Benbecula |
Typisches Haus auf den Äußeren Hebriden.
Der Besitzer sollte aber seinen
Vorgarten in Ordnung bringen |
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Rush hour am Flughafen Benbecula:
Streamline Shorts 360,
Highland Airways Jetstream 31
und Loganair Dash 6 |
Flug über South Uist |
Anflug auf Barra von der Atlantikseite |
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Barras Terminal und der Strand
von North Bay |
Twin Otter im Endanflug auf Barra |
Landung am Strand: Wasser und Sand
werden aufgewirbelt |
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Wenige Minuten später ist auch mein Flug in
der Luft und er nimmt Kurs auf den Strandflughafen von Barra. Der
Flughafen ist eine Besonderheit: Er ist der einzige kommerziell
angeflogene Flughafen weltweit, der planmäßig zweimal pro Tag von der Flut
überschwemmt wird. Auch sucht man betonierte Start- und Landebahnen
vergebens, denn man landet auf Sand. Der Strand von North Bay ist eine
nach Osten hin geöffnete seichte Bucht und ist somit ideal als
Flughafenstrand geeignet. Am westlichen Rand des Strandes ist das
Flughafengebäude. 3 Start- und Landebahnen sind am Strand markiert und
werden je nach Windrichtung benutzt.
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Die Twin Otter „hoppelt“ über den Strand
zum Terminal |
Willkommen in Barra |
Blick über die Bucht von North Bay |
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Die Gepäckausgabehütte
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Ground handling – Barra style |
Ein weltweit einmaliges Hinweisschild |
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Blick vom Tower über die Bucht
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Nach einem
20minütigen Flug über Süd-Uist und anderen kleineren Hebriden Inseln
befinden wir uns schon im Endanflug. In geringer Höhe geht es über eine
Sanddüne und am Terminal vorbei, bis wir sanft auf Sand aufsetzen. Das von
der letzten Flut in Mulden zurückgeblieben Wasser spritzt am Fahrwerk
hoch. Im Gegensatz zu einer Landung auf Beton oder Asphalt ist das Landen
auf Sand viel weicher. Nach einem kurzen Bremsweg drehen wir um und rollen
über die kleinen Unebenheiten im Strand dem Terminal entgegen. Das Gebäude
besteht nur aus einem großen kombinierten Check-In - und Warteraum
inklusive Bar & Kaffee. Die Gepäckausgabe findet außerhalb des Gebäudes in
einem bushäuschenähnlichem Anbau statt. Circa 20 Minuten später ist die
Twin Otter für ihren Weiterflug nach Glasgow wieder bereit. Am Rand des
Strandes stehen bereits einige Touristen, die sich auch das Schauspiel
„Start vom Strand“ ansehen wollen. Bis es wirklich soweit ist vertreibt
man sich die Zeit einige leere Muscheln aufzusammeln. Den Passanten wird
Mittels eines Windsacks gezeigt, ob sie auf den Strand dürfen oder nicht.
Ist der Windsack gehisst, bedeutet das, dass Flugbetrieb stattfindet und
der Zutritt verboten. Flattert er nicht im Wind, dann ist mit keinem Flug
in nächster Zeit zu rechnen und man kann sich frei auf dem „Flugstrand“
bewegen. Inzwischen laufen beide Pratt and Whitney Canada Triebwerke und
die Twin Otter hoppelt über den Sand zu ihrer Startposition. Nach wenigen
Sekunden und einigem Aufwirbeln von Sand und Wasser ist sie in der Luft
und entschwindet in Richtung Glasgow.
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Ich habe nun 3,5 Stunden Zeit um mir die
Insel näher anzusehen. Schnell hat die nette Stationsleiterin von Loganair
einen entsprechend kompetenten Führer samt Auto aufgetrieben und los kann
es gehen. Die Geschichte der Insel reicht weit zurück. Bereits die
Wikinger waren auf der Insel tätig. Einige Ruinen, die weit über 1500
Jahre alt sein sollen, zeugen von der langen Geschichte Barras. Das
Hauptdorf Castlebay wird bestimmt von der Kismuil Burg, die Mitten in der
Bucht von Castlebay auf einem Felsen im Wasser liegt. Derzeit leben circa
1200 Menschen auf Barra. Bekannt ist die Insel auch durch das Buch „Whisky
Galore“ von Compton MacKenzie. Nach 2,5 Stunden ausführlichster
Inselrundfahrt befinde ich mich wieder am Flughafen.
Nach dem Check-In habe ich noch die Möglichkeit den Tower zu besuchen. Die
beiden Controller geben mir bereitwillig Auskunft über die Besonderheiten
des Flugverkehrs an diesem weltweit einmaligen Strandflughafen. Der
Flugplan ist fast jeden Tag anders, da auch die Gezeiten jeden Tag etwas
anders sind. Da nur bei Ebbe Flugbetrieb stattfinden kann, muss der Flug
entsprechend geplant werden. Daher gibt es auch im British Airways
Flugplan den kleinen aber entscheidenden Hinweis: „Timings are subject to
tides at Barra“. Nur an circa 10 Tagen im Jahr ist das Wetter so schön,
wie an meinem Reisetag, aber trotzdem ist der Flughafen nur selten
geschlossen. Das Minimum von 800 Meter Sicht ist meist erfüllt. Mit etwas
Verspätung kommt um kurz vor 15:00 Uhr meine Maschine, wieder die G-BVVK,
aus Glasgow an. Nach einem kurzen Turn around und einem Kaffee für die
Besatzung wird auch schon wieder geboardet. Ein letzter Spaziergang über
den Sand zum Flugzeug und schon heißt es Abschied nehmen von dieser herben
aber schönen Insel. Fast ausgebucht ist nun dieser Flug nach Glasgow. Aber
für die gutmütige Dash 6 ist das kein Problem.16 Sekunden dauert es bis
die Twin Otter vom Strand abgehoben ist und sich auf den Weg in die
schottische Metropole macht. Jetzt kehrt bis zum nächsten Vormittag wieder
Ruhe am Strand ein. Zweimal wird das Meer Herr über den Airport sein.
Gemütlich brumme ich in der Twin Otter über die Hebriden See und lasse die
Inseln von Coll und Mull hinter mir, überquere den Firth of Lorne, fliege
an der Hafenstadt Oban vorbei bis ich nach ungefähr einer Stunde Flugzeit
wieder am Flughafen Glasgow lande. Nun hat mich die Zivilisation wieder.
Mobiltelefone, die auf Barra und Benbecula gar nicht funktionieren,
bestimmen hier wieder das Geschehen. Ich habe noch 4 Stunden Aufenthalt
bis meine Reise mit einem A319 der easyJet ganz unspektakulär nach Belfast
weitergeht.
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Die Idylle von Barra. Mobiltelefone
funktionieren hier nicht |
Die Kismuil Burg in der Bucht von Castlebay |
Blick über die Bucht von Castlebay |
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Boarding für den Rückflug nach Glasgow |
Die Twin Otter rollt zu ihrem Startplatz |
Take off nach Glasgow |
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Die letzten Ausläufer der Äußeren Hebriden
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Anflug auf den Airport von Glasgow |
Die Twin Otter am Flugsteig in Glasgow |
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